E1-Startpunkt ist Porto-Ceresio am Luganer See. Schnell geht es hinauf in die Bergmassive des Parco delle Cinque Vette (Park der 5 Gipfel), gefolgt vom Parco Naturale Regionale Campo dei Fiori mit prächtigen Blicken von 1.000 Höhenmetern ins Tal zum Lago di Varese, dahinter die Weiten der Po-Ebene und auf der anderen Seite die mächtigen Gipfel der Alpen.

In Sesto Calende ändert sich nach drei Etappen das Naturschauspiel gründlich. Nun tritt man für vier Etappen ein in den Parco Ticino - den Tessiner Park. Er erstreckt sich vom südlichen Ende des Lago Maggiore entlang des Ticino (Tessin-Fluß) bis zum Zusammenfluß mit dem Po bei Pavia. Der Parco Ticino wurde 1974 begründet, seit 2002 ist das Tessin-Tal von der UNESCO als Biosphärenreservat anerkannt. Durch den Park führen 780km Wanderwege.

Der E1 stößt schon in der Schweiz auf den Ticino (Tessin), nun ist der Fluss wieder Wegbegleiter, auf den man ein paar Kilometer hinter Sesto Calende trifft. Mittlerweile ist er verblüffend breit geworden und überraschend reißend. Der Strom fließt schnell und während man an teils urwaldähnlichen Ufern entlang wandert, fühlt man sich vom vorbeifließenden Strom geschoben. Angenehm.

Im Hintergrund kann man hinter sich bei guter Sicht immer noch die Alpen ausmachen.

Was den Parco Ticino so reizvoll macht, ist das ausgeklügelte Kanalsystem, das der Bewässerung der Po-Ebene dient und in früheren Zeiten, als die Landwege noch mühsam waren,  auch zum Transport genutzt wurde. 

Am Panperduto beginnt der Villoresi und direkt daneben der Industriekanal, beide gespeist vom Ticino. Das Wasser fließt über einen Damm durch imposante Schleusen in das Kanalsystem. Im Herbst und Winter wird der Villoresi-Kanal trocken gelegt (s. Foto). Kilometerlang geht es an den Kanälen oder am Flußufer entlang.

Wenige Kilometer südlich vom Aeroporto di Milano-Malpensa, von dem erstaunlicherweise nur wenig Lärm ausgeht (vielleicht liegt es an den reduzierten Flugbewegungen aufgrund Corona), zweigt vom Ticino ein weiterer Kanal ab: Naviglio Grande. Er verläuft von hier bis nach Mailand und wurde bereits im Mittelalter angelegt. Neben Bewässerungsaufgaben wurden bis 1979 auch Schiffstransporte auf ihm durchgeführt, danach verfiel er ungenutzt. Seit 1997 wird der Kanal restauriert. Er soll Teil einer Fernwasserstraße vom Laggo Maggiore nach Venedig werden.

Derzeit wird der asphaltierte Treidelweg am Kanalrand gerne von Speedhikern genutzt, die zu Hauf in hoher Geschwindigkeit an den Fußgängern vorbei brausen. Da hat man es als Wanderer nicht immer leicht.

Neben Fluss und Kanalsystem gibt es auch plattes Land, Felder und Wiesen, durch die der E1 auf festen Wegen von Hof (Cascina) zu Hof mäandert. Man legt dabei zwar viele Kilometer zurück, kommt gefühlt aber nicht recht voran. Auf den Höfen wachen Hunde, manche klein, manche groß, manche im Zwinger, andere hinter Zäunen. Doch manche laufen frei herum und können gehörig die Zähne fletschen und das Bellen wirkt einschüchternd. Zumindest auf mich.

Ein Wort zur Wegmarkierung:

Streckenweise ist der E1 gut bis sehr gut ausgeschildert. Manches Mal fehlen Wegmarkierungen aber an Weggabelung, wo man sie dringend bräuchte. Gelegentlich weisen die Wegmarken auch in eine falsche Richtung.

Kurz gesagt: verlassen sollte man sich auf das Markierungssystem nicht. 

Der Parco Ticino endet in Pavia. Wer an dieser herrlichen Stadt vorbeikommt, sollte unbedingt eine Besichtigung der Altstadt einplanen. Sehenswürdigkeiten, Museen, Cafés und Restaurants warten auf einen Besuch. Mich hat besonders die Ponte Coperto fasziniert, über die ich mehrere Male spazierte, weil meine Unterkunft auf der anderen Flussseite lag.

Der eigentliche E1 führt westlich an Pavia vorbei. Ich ging eine alternative Route, die in die Stadt hinein führt. Auch sie ist mit einer E1-Markierungen versehen. Das ist zwar sonderbar, passt aber zum italienischen E1-Markierungssystem.